Merle Proll: Gewalt und Geschlecht in Elfriede Jelineks „Burgtheater“

„Burgtheater“ ist ein Vieles, ein Skandalstück, ein Identitätsstück, ein Volksstück und damals wie heute höchst politisch. Die Veröffentlichung 1982 setzte eine regelrechte negative Aufladung des Namens der Autorin Elfriede Jelinek in Gang, die letztendlich in der Betitelung der „Nestbeschmutzerin“ mündete. Mit nur zwei Inszenierungen endete die Aufführungsreihe, bis heute ist das Theaterstück von Jelinek selbst gesperrt.

In „Burgtheater“ befasst sich Jelinek mit der nicht Aufgearbeiteten Geschichte des zweiten Weltkriegs in Österreich und liefert einen Fingerzeig auf die daraus resultierenden immer noch vorhandenen nationalsozialistischen Ideologien in der zeitgenössischen Gesellschaft. Mit Rückgriff auf österreichische Traditionen wie Nestroy und Raimund kritisiert sie anhand einer bekannten Burgtheater-Schauspielerinnenfamilie den vorherrschen Theaterkult der Menschenbildnerinnen und die Involviertet von Schauspieler*innen während der NS-Zeit, die unter dem Deckmantel der Kunst nach dem Krieg weiter arbeiteten, ohne dabei jemals zur Rechenschaft gezogen worden zu sein.

Dafür montiert Jelinek Zitate aus Biografien, literarischen Werken und besonders Filmen der Kriegs- und Nachkriegszeit. Hinter jedem Satz im Stück verbürgt sich ein Abgrund. Jelinek liefert Beweise einer anhaltenden Durchzogenheit von NS-Propaganda und stellt sie im Visuellen und Sprachlichen bloß.

Unter der dauerhaften Präsenz von körperlicher und sprachlicher Gewalt, die eine Brutalität zeitloser Zeit darstellen soll, wird sich in dieser Arbeit besonders auf den Zusammenhang von Gewalt und dem weiblichen Geschlecht konzentriert. Dass Jelineks Werk durchzogen ist von feministischen Ansätzen, ist allgemein bekannt. Wie sich diese allerdings in Form von gewalttätigen Frauen äußern kann, wird in dieser Arbeit diskutiert. Hinzu kommt eine Analyse von einem Bild der Frau, das im Damals, Heute und Dazwischen von struktureller Gewalt durchsetzt ist.

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