Anna Rottenfußer: Hörendes Schreiben – Singendes Lesen? Sprachmusik in Elfriede Jelineks Winterreise

Unmöglich ist es, beim Lesen von Elfriede Jelineks Winterreise nicht automatisch die Melodien Franz Schuberts aus dem gleichnamigen Liedzyklus im Kopf mitzuhören. Dies kann auf den ersten Blick ausschließlich an den intertextuellen Bezügen zu Wilhelm Müllers Gedichten der Winterreise liegen, die dieses „hörende Lesen“ assoziativ bedingen. Andererseits kann noch eine weitere Komponente aus dem Textmaterial Jelineks, ihre Schreibweise, den Bezug zu Schuberts Kompositionen herstellen. Es scheint daher lohnenswert, sich mit der besonderen Sprachmusik von Jelineks Winterreise zu befassen und zu untersuchen, inwiefern diese Schuberts Vertonungen imitiert. Eine große Herausforderung ist die Festlegung der Arbeitsbegriffe und der Methodik, da es sich bei Musik und Text um voneinander getrennte Disziplinen handelt, mit ihnen jeweils eignen Arbeitsweisen und Vokabular. Eine Bestandsaufnahme der Möglichkeiten einer derartigen musikwissenschaftlichen Analyse von Sprache zeigt auch deren Grenzen, etwa im Bereich der Sprachmelodie auf. Sie weist aber auch auf das große Potenzial einiger Parameter für das Verständnis des Klangs von Jelineks Texten hin, wie etwa der Begriffe aus der Orgelliteratur. Es lässt sich ein Zugang zur allgemeinen Klanglichkeit von Jelineks Text finden sowie ein Eindruck ihrer kompositorischen Schreibweise. Ein derart musikalisch-, kompositorischer Schreibprozess erfüllt eine bestimmte Funktion. Sprachmusik entfaltet subversive Kraft und unterstützt als zusätzlich generierte „Stimme“ Aussagen des Texts Jelineks. Der Eindruck der „Singbarkeit“, der beim Lesen der Winterreise entsteht, ist irreführend. Durch die Konkretisierung des musikalischen Ausdrucks in der Vertonung, ginge die Variabilität der Sprache als Klangmaterial verloren.

PDF-Beitrag zum Download

Alexandra Hiebler: Die geschundene Musikerin und die geschundene Frau in Elfriede Jelineks „Die Klavierspielerin“

Elfriede Jelinek zeichnet in ihrem Roman Die Klavierspielerin eine Gegenwart der Gesellschaft und insbesondere der musikalischen Disziplin, in der das Weibliche nicht bestehen kann. Mit ihrer Protagonistin Erika Kohut verfolgt die Autorin nicht das Ziel, ein tragisches Einzelschicksal darzustellen, sondern das Scheitern im patriarchalen System an einer prototypischen Figur zu zeigen. Jelinek baut über den Roman hinweg das Bild einer geschundenen Musikerin und Frau auf, welches durch das Ende des Romans verdichtet wird und noch nach der Lektüre nachwirkt. Von dieser Leseerfahrung ausgehend, wird mit der vorliegenden Arbeit versucht, die Strategie des Texts aufzuspüren, die eben dieses Bild der Protagonistin schafft. Die Musik fungiert in Jelineks Roman nicht nur als Kontext von Unterdrückung und Gewalt, sondern trägt mit ihren Strukturen  zu deren Entstehung und Erhalt bei und bildet damit das Bezugssystem der Analyse. Das Scheitern weiblicher Emanzipation in der Musik, aber auch im patriarchal geprägten System, das den gesamten Roman durchzieht, wird in der Vergewaltigung verdichtet und Erika Kohut wird zum Sinnbild der geschundenen Künstlerin und Frau. Der Roman schließt mit seinem Ende wieder am Anfang an und lässt damit eine Protagonistin ohne Entwicklung zurück, die die Unmöglichkeit der Weiblichkeit im Patriarchat verdeutlicht.

PDF-Download der Arbeit

Anna Rottenfußer: „Namen sind ohnehin Schall und Rauch“: Der tausendjährige Posten oder der Germanist von Irene Dische und Elfriede Jelinek als Geschichtsoper

für den Nachwuchsworkshop 2022

Eine dreiste Lüge, die den Protagonisten vor der rechtlichen Auseinandersetzung mit seiner militärischen Vergangenheit bewahrt, und eine Doppelidentität mit dramatischen Auswirkungen auf das Umfeld: So weit haben Irene Dische und Elfriede Jelinek in ihrer Travestie von Franz Schuberts Singspielen Der vierjährige Posten (Libretto: Theodor Körner) und Die Zwillingsbrüder (Libretto: Georg Ernst von Hofmann) die zwei zentralen Handlungspunkte der Vorlagen übernommen. Dann aber ist die possenhafte Idylle der beiden Operetten in der Bearbeitung durch Dische und Jelinek mit den historischen Tatsachen des Falls Schwerte von 1995 (im Stück: Schall) verwoben. Deutsche Geschichte wird zur abgründigen Dimension. Mein Dissertationsprojekt an der Uni Wien befasst sich mit der Darstellung historischer Ereignisse in der Oper des 20. Jahrhunderts und versucht eine Gattungstheorie der Geschichtsoper zu bilden. Ausgehend von diesen Untersuchungen scheint es vielversprechend, auch den Tausendjährigen Posten unter dem gattungsgeschichtlichen Kontext der Geschichtsopern zu betrachten und an deren Entwicklungen im 20. Jahrhundert (Krenek: Karl V., Braunfels: Jeanne d’Arc, von Einem: Dantons Tod, Henze: Der Prinz von Homburg, Rihm: Die Eroberung von Mexico) anzuschließen. Es soll untersucht werden, wie Geschichtsdarstellung auf den unterschiedlichen Ebenen im Singspiel stattfindet und funktioniert. Konkret bedeutet dies eine Auseinandersetzung mit der Darstellungsweise von der Verdrängung und Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und derer, die sich ihrer Verantwortung entzogen haben. Das betrifft auch die narratologische Ebene, „wie“ geschichtliche Ereignisse auf der Bühne dargestellt oder von Figuren erzählt werden. Daraus lässt sich der Zweck, die subversive Kraft dieser Darstellungsform von „Geschichte als Oper“ ableiten. Es wird herausgearbeitet, inwiefern dies mit Tendenzen des Geschichtsdramas und der Geschichtsoper der Zeit korrespondiert oder sich grundlegend davon unterscheidet. Interessant ist der Rückgriff auf die Libretti der beiden Vorlagen, deren Handlungen sich jeweils vor dem geschichtlichen Kontext der napoleonischen Befreiungskriege abspielen. Jelinek greift in ihren Texten häufig aktuelle oder entferntere historische Ereignisse auf (Bsp. Schwarzwasser, Bambiland, Würgeengel). Die Besonderheit hier ist allerdings der Bezug zu Schubert und die Frage, was aus den Singspielen der Biedermeierzeit nicht nur durch die radikale Umwertung mit einer düsteren Thematik, sondern durch die Umwertung mit geschichtlichen Fakten wird.

PDF-Download des Beitrags

Informationen zu Anna Rottenfußer

Stephan Langer: „this machine this instrument this wave“

Ausgangspunkt der Performance sind drei Elemente: Sprache, Musik/Sound und Körper. Ausgehend von einer minimalen Bühnensituation (zwei bis drei Performer:innen, Standmikrofone, Notenständer, Tisch/Pult für Synthesizer, Drummachine, Effektgeräte, etc.) soll über gesprochene Sprache Bilder in den Köpfen des Publikums entstehen. Die Sprache nimmt sie an die Hand, entwickelt die Bilder in den Köpfen weiter und geht dabei auf die Raumsituation und die Instrumente ein und reflektiert diese. Sprache und Musik verschränken sich, treiben sich an, treten auf der Stelle, stoppen. „this machine this instrument this wave“ macht es sich zum Vorhaben die Hirnströme des Publikums zu leiten und durch eine installative Anordnung der Lautsprecher (hinter dem Publikum, unter dem Podest) eine sinnliche und immersive Situation zu schaffen.
Die rhythmische Konstruktion diverser Soundmaterialien – Drones, Samples, melodische Fragmente, perkussive Sounds – verknüpfen sich in Loops und Variationen mit der Sprache und evozieren einen mentalen Prozess. In den Texten tauchen eine Mixtur aus alltäglichen Beobachtungen und Ängsten, theoretischen Gedanken, nicht abgeschickten Liebesbriefen und ortsspezifischen Auseinandersetzungen mit dem Raum und seinen Geschichten. Alles kehrt immer wieder zu den Begriffen „machine“, „instrument“ und „wave“ und ihren schillernden Schattierungen zurück, surft auf ihren Klängen und Bedeutungen. Es wird geflüstert, gerufen, gesungen, geloopt – alleine und zusammen, mit So- und-Filter und ohne. Die Elektronik des Sounds kann die Stimmen verändern – in der Gegenrichtung können Tonabnehmer an den Körpern der Performer:innen angebracht werden, die die Körper zu Resonanzräumen machen, die Sound produzieren, der so nicht aus dem Instrument gekommen wäre. Im Zwischenraum zwischen Mensch, Maschine und Instrument interessiert uns die Frage: wer funktioniert mit wem? Wo sind wir, wenn wir funktionieren? Sind wir alle „Funktionär[:innen] der eigenen Funktion“ (Vilém Flusser)? Die Performance macht ihre konzeptuelle Anlage sichtbar und dekonstruiert sie gleichzeitig. Inmitten des Ganzen könnte die Möglichkeit entstehen, den Fiebertraum der Verhältnisse zu erkennen.

Literatur:
Flusser, Vilém: Gesten – Versuch einer Phänomenologie. Berlin: S.Fischer Verlag 1994.

PDF-Download des Beitrags
PDF-Download von Textnotizen

Informationen zu Stephan Langer

Paula Pankarter: Elfriede Jelinek und die Mode – von der Transmedialität zur Transzendenz

Masterarbeit

Abstract

Diese Arbeit erforscht, welchen Sinn die österreichische Schriftstellerin Elfriede Jelinek dem Phänomen der Kleidermode einschreibt und welche Perspektiven die Mode auf das Schaffen der Autorin eröffnet. Ausgehend von Jelineks paradoxem Modebegriff wird die Mode von der Transmedialität bis hin zur Transzendenz ergründet, um so einen Überblick über die vielschichtigen Bedeutungsdimensionen der Mode in Jelineks Gesamtwerk zu schaffen. Sowohl Essays der Autorin – Mode, in Fetzen und Ich möchte seicht sein – als auch Theatertexte – SCHATTEN (Eurydike sagt), Der Tod und das Mädchen IV (Jackie) und Das Licht im Kasten (Straße? Stadt? Nicht mit mir!) – werden analysiert und dabei nicht nur mit der Jelinek- Forschung, sondern auch mit der Modewissenschaft vernetzt, um so Jelineks Stimme im Modediskurs zu kontextualisieren.

Mode steht im Zentrum von Jelineks Denkkosmos und durchzieht sämtliche Dimensionen ihres Schaffens. Sowohl privat als auch literarisch und sogar politisch ist die Mode von essenzieller Bedeutung für die Autorin. Jelinek bedient sich des Phänomens nicht nur als Inspirationsquelle, sie benutzt die Methoden der Mode – poetisch abstrahiert und radikalisiert – wie eine Folie für ihre Kunst, sodass sie im Verlauf ihres Schaffens zunehmend selbst wie die Mode wirkt. Jelinek erhebt die Mode zum Modell ihrer ästhetischen Vision. Die Produkte ihrer Literatur sollen auf dieselbe Weise inszeniert werden wie die der Mode: Die Modeschau erklärt sie zum Muster für ihr »Theater der sprechenden Kleider«. In der Mode erkennt die Autorin einen paradigmatischen Modus der Indifferenz, der Oberflächlichkeit und der Künstlichkeit, den sie sich zum Vorbild nimmt, um das abendländische hermeneutische Denken zu kippen und dadurch hierarchische Sinnstrukturen in heterarische einzuebnen: Inspiriert von der multireferenziellen Intertextualität der Mode konzipiert sie ihre Texte als Textilien – als Sprachgewebe, in denen sich herkömmliche Differenzen auflösen und so eine Dynamisierung und Fragmentierung von Sinn entsteht. Inspiriert von der Mode als Oberflächenphänomen entwirft Jelinek eine »Poetologie der Oberfläche«, die nichts verbirgt, sondern alles zum Vorschein bringt. Inspiriert von dem modischen Prinzip der Denaturalisierung dekonstruiert Jelinek die Mythen unseres Alltags, indem sie diese in Moden umstülpt.

Als Sprache, die man in Kleidern schreibt, setzt Jelinek Mode als Feminismus in Szene – wenn auch als einen abgründigen und höchst ambivalenten: Die Mode präsentiert sie als retardierendes Moment im »Drama des Weiblichkeitsmythos«. Im Verlauf ihres Schaffens schreibt Jelinek ihrem Werk eine »Metaphysik der Mode« ein, die sich zunehmend ins Mystische auflöst. Das Phänomen erschließt die Autorin über dessen widersinnige Erscheinungsstruktur. Sie stellt die Frage nach der Mode als ein existenzielles Erkenntnisproblem dar und verknüpft sie so mit den Grundfragen der Philosophie – insbesondere mit der Frage nach dem Menschsein. Über die der Mode eingeschriebene Sehnsucht nach Transformation erweist sich die Mode als ein transzendentes Phänomen, das nicht nur zwischen Medien, sondern grundsätzlich im Dazwischen wirkt. Davon angeregt entwickelt Jelinek immer wieder neue Strategien, um Grenzen zu überschreiten und sich so eine Position im Dazwischen zu erschaffen, aus der heraus sie wie eine überirdische Instanz zu ihrem Publikum sprechen kann. Die Mode ist dabei ihre persönliche Überlebensstrategie. Die Konzeption ihrer Identität als Autorin hat Jelinek so dicht in die Mode verwoben, dass sie mit ihr zu einer partnerschaftlichen Einheit verschmolzen ist. Nach dem Vorbild der Mode modifiziert Jelinek ihre sinnliche Präsenz zunehmend in Sinn und macht sich so selbst zum Model ihrer Kunst.

09.06.2021

Informationen zu Paula Pankarter

Anna Kurzaj: Übersetzung von zusammengesetzten Adjektiven aus dem Deutschen ins Polnische anhand der Romane von Elfriede Jelinek

Dissertation

Abstract

Elfriede Jelinek ist eine Autorin, für die die Wortbildung nicht nur eine formale, sondern auch ästhetische oder sogar handlungsbezogene Funktion erfüllt. Zudem ist die Wortbildung in literarischen Texten ein wichtiger Bestandteil des Idiolekts eines Autors. Durch die Form kann die Bedeutung eines bestimmten Worts sich veranschaulicht werden. Aus diesen Gründen muss auch die Form von Wörtern in der Übersetzung ihrer Romane unbedingt entsprechend wiedergegeben werden. Eine der besonderen Wortbildungsformen, die im Deutschen äußerst häufig vorkommt, sind zusammengesetzte Adjektive. Sie stellen eine Übersetzungsschwierigkeit dar, weil die Bildung von ähnlichen Konstruktionen im Polnischen weniger produktiv ist. Deshalb bedarf ihre Übersetzung einer ausführlichen Analyse, zumal sie in Romanen Jelineks mehrere Funktionen erfüllen.
Die Ziele der Dissertation sind: (i) Beziehung zwischen Wortbildung von deutschen zusammengesetzten Adjektiven und ihren polnischen Entsprechungen auf der formalen und bedeutungsbezogene Ebene zu bestimmen, (ii) Regelmäßigkeiten zwischen der Bildung von zusammengesetzten Adjektiven und der eingesetzten Übersetzungstechnik in Anbetracht der Bedeutung und Form eines bestimmten Adjektivs im Text zu bestimmen, (iii) Übersetzungstendenzen von zusammengesetzten Adjektiven aus dem Deutschen ins Polnische zu analysieren und zu begründen, (iv) eingesetzte Kompensationsmaßnahmen zu beschreiben, (v) die Faktoren, die beim Übersetzen entscheidend sind, zu nennen. In der Beschreibung dieser adjektivischen Komposita sowie ihrer Entsprechungen in den polnischen Übersetzungen wird der Ansatz der Konstruktionsmorphologie eingesetzt, d.h. sie werden hinsichtlich der Form (darunter werden nicht nur morphologische, sondern auch syntaktische Eigenschaften beschrieben) und Bedeutung (im Sinne von Semantik, Pragmatik und Ästhetik) charakterisiert. Die Original und Übersetzungsversionen werden miteinander verglichen und hinsichtlich ihrer Merkmale nach dem Ansatz der deskriptiven Translationswissenschaft analysiert.
Es wird angenommen, dass viele von Jelinek angewendete Wortbildungsmuster direkt übersetzt werden können. Jedoch sind bei der Übersetzung ins Polnische auch andere Bestandteile des Idiolekts von Jelinek (wie Wortspiele, Ironie) von Bedeutung. Nichtsdestoweniger können die mit den adjektivischen Komposita erreichten Merkmale ebenfalls durch andere besondere Wortbildungsformen im Polnischen wiedergegeben werden, sodass der Idiolekt der Autorin auch von polnischen Lesern wahrgenommen werden kann.

3.2.2021

Informationen zu Anna Kurzaj

Karoline Exner und Jolantha Seyfried: Verkörperungen: Zur Performativität von Notation in Theater und Tanz

Video-Performance

Die Regisseurin und Dramaturgin Karoline Exner und Tänzerin und Tanzpädagogin Jolantha Seyfried haben sich im Frühjahr 2020 zum Schwerpunkt „Notation und Aufführung“ des Interuniversitären Forschungsverbunds Elfriede Jelinek ausgetauscht. Sie reflektieren, ob es auch Notationen gibt, die nicht in abstrakten Zeichen notiert sind, zum Beispiel in Form von im Körper gespeicherten Wissen im Tanz oder Gesang. Außerdem fragen sie, ob Notationen zwischen Choreografie und Improvisation ihrerseits Spuren im Körper hinterlassen können.

Begleitend zum folgenden Gedankenaustausch entstand außerdem unter der künstlerischen Leitung von Karoline Exner und Jolantha Seyfried ein experimenteller Kurzfilm mit dem Titel „Notation und Aufführung: Eine Improvisation“ mit Nikita Dendl, Adrian Infeld, Jasmin Kudernatsch, Esther Lottes und Runa Schymanski.

22.1.2021

Julia Wallner: Kritik an patriarchalischen Strukturen in Elfriede Jelineks Werk „Raststätte oder Sie machens alle“ anhand einer Sprachanalyse des Werks

Bachelorarbeit

Diese Bachelorarbeit beschäftigt sich damit, wie Elfriede Jelinek Sprache in ihrem Theaterstück Raststätte oder sie machens alle benutzt, um auf patriarchalische Strukturen in der Gesellschaft aufmerksam zu machen. Darin widmet sie sich vorrangig der geschlechterspezifischen Rollenverteilung und kritisiert mit ihrer Sprache genau diese politische Struktur. Um einen umfangreichen Zugang zu diesem Werk zu gewährleisten, wird sich zunächst Jelineks politischer Haltung und ihrer ästhetischen Schreibweise gewidmet, bevor schließlich eine Sprachanalyse erfolgt. Auf drei verschiedenen sprachlichen Ebenen, nämlich auf der lexikalischen, syntaktischen und semantischen Ebene, soll analysiert werden, wie sie in diesem Theatertext spezifische Stilmittel verwendet, um ihre Aussagen zu vermitteln. Aufgrund dieser Analyse soll sich nun zeigen wie politisierend ihre Sprache in diesem Stück eingesetzt wird.PDF-Download der Arbeit

26.11.2020

Johanna Hauer: Gewalt und Patriarchale Strukturen in Elfriede Jelineks Prinzessinnendramen – Der Tod und das Mädchen I+II, eine Analyse

Bachelorarbeit

Elfriede Jelinek kreiert mit ihrem eigens erdachten Genre1 der Prinzessinnendramen eine Verzerrung von dem, was viele sich seit ihrer Kindheit unter Prinzessinnen vorstellen, geprägt durch Märchen oder reale Frauen mit diesem Titel, und stellt allbekannte Figuren in ein neues, politisch geladenes Licht. Diese Arbeit befasst sich mit der Analyse zweier dieser Dramen, Der Tod und das Mädchen I, Schneewittchen und II, Dornröschen, welche eine besonders starke Bindung an jene Märchenfiguren aufweisen, durch welche sie inspiriert wurden. Konkret befasst sich die Analyse mit der Fragestellung, welche Rolle patriarchale Strukturen, Frauenbilder und Gewalt in Elfriede Jelinek’s Prinzessinnendramen spielen, und mit welchen sprachlichen Mitteln diese dargestellt werden. In mehreren aufeinander bezogenen Abschnitten wird auf Motive wie Tod, Wettkampf, Prinzsein und Gottsein, weibliche Ohnmacht und Passivität und die Rollen die Schönheit und Kleidung in Jelineks Prinzessinnendramen einnehmen, in Bezug auf patriarchale Strukturen und Frauenbilder eingegangen. Ein besonderer Fokus wird hierbei auch auf die Figur der Stiefmutter gelegt, wie sie bei Schneewittchen eine große Rolle einnimmt und welchen Einfluss Jelineks Biografie auf die dargestellten Mutter-Tocher Konstruktionen hat. Im Anschluss wird betrachtet, welche Arten von Gewalt in Der Tod und das Mädchen I+II dargestellt werden. Um aufzuzeigen, wie diese Darstellung erfolgt, wird mit Motiven wie Krieg, sexueller Gewalt und Gewalt an Frauen durch Frauen in Verbindung mit einem Naturmotiv gearbeitet.

_

1 vgl. Koberg, Roland: Meine Figuren sprechen wie die Blinden von der Farbe. In: DT Magazin 6 (2002), 4.

25.11.2020

Romi Domkowsky: „Prinzessinnendramen. Der Tod und das Mädchen I-III“ – Drei Hörspaziergänge durch Oberhausen

Inszenierungskonzept

Im Frühjahr 2020 wurde die Sehnsucht nach echten Begegnungen, nach kulturellen Live-Erlebnissen und künstlerischer Inspiration so spürbar wie selten zuvor.
Mitte März war unter anderem an allen Theatern in Deutschland der Spielbetrieb eingestellt worden, um die weitere Verbreitung des Corona-Virus einzudämmen. Man sollte so wenigen Menschen wie möglich begegnen, sich nicht an andere Orte begeben und große Abstände zu anderen einhalten.


Die Oberhausener Inszenierung der „Prinzessinnendramen. Der Tod und das Mädchen I-III“ fiel in die Zeit dieses Lockdowns. Sie sollte ursprünglich im Saal 2, der kleinen Spielstätte des Theaters, zur Aufführung kommen. Die Zuschauer*innen hätten in der Anmutung einer Wohnung gesessen und den Schauspieler*in-nen aus dieser Position zugeschaut.
Eine Woche nach Beginn der Proben mussten diese wegen der Kontaktbeschränkungen abgebrochen werden … unterbrochen. Denn wir, Regisseurin Paulina Neukampf und Dramaturgin Romi Domkowsky, suchten sehr schnell nach einem neuen Format, dass Theater trotz der Kontakt einschränkenden Vorgaben möglich machen würde.
Während immer mehr Theater in den digitalen Raum umzogen, beschäftigte uns mit großer Dringlichkeit die Frage danach, was Theater wirklich ausmacht, was die besondere Qualität unserer künstlerischen Arbeit ist. Die Antworten darauf entsprachen den kulturellen Bedürfnissen, die viele Menschen gerade in dieser Zeit hatten, dem Wunsch nach dem Unmittelbaren, nach echten sozialen Interaktionen und nach künstlerischen Ereignissen, die nicht nur vor der Scheibe eines Bildschirms zu erleben waren.

PDF-Download des Konzepts
PDF-Download des Programmhefts

Hörproben
Der Tod und das Mädchen I (Schneewittchen)
Der Tod und das Mädchen II (Dornröschen)
Der Tod und das Mädchen III (Rosamunde)

20.7.2020