Andreas Marksteiner: Die symbolische Vergewaltigung der Gottesmutter Maria – Eine Analyse der Sexualisierung christlicher Symbole und Motive in Elfriede Jelineks Roman „Lust“ (1989)

Bachelorarbeit

Die vorliegende Arbeit untersucht Elfriede Jelineks Roman Lust (1989) im Hinblick auf christlich-religiöse Motive, insbesondere im Zusammenhang mit sexueller Gewalt innerhalb der Institution der Ehe. Obwohl der Text bislang vornehmlich als feministische Auseinandersetzung mit männlicher Macht und weiblicher Unterdrückung rezipiert wurde, lässt auch dieses Werk eine Lesart zu, welche den Jelineks Gesamtwerk durchziehenden religionskritischen Diskurs in den Vordergrund rückt.

Ziel der Arbeit war es, mithilfe einer möglichst textnahen Analyse sprachlicher Mittel und intertextueller Referenzen aufzuzeigen, inwiefern Jelinek gängige Geschlechterbilder und in der Religion verankerte Symboliken aus ihrem eigentlichen Sinnzusammenhang löst und dekonstruiert. Ausgangspunkt ist die Betrachtung der Ehe als von der christlich-katholischen Gesellschaft gestützte Struktur, die im Roman als Rahmen für Gewalt und Erniedrigung fungiert. Im Fokus stehen in der Folge die Metapher des Lichts sowie der Begriff der Transsubstantiation, die im Text in einen dezidiert sexualisierten Kontext überführt werden.

Eine Analyse des Textes zeigt, dass das Verhältnis zwischen Mann und Frau innerhalb der Ehe wird auf ein simples Herr-Knecht-Verhältnis reduziert wird. Jelinek unterläuft gezielt christliche Sinnbilder und liturgische Terminologie, um patriarchale Machtmechanismen offenzulegen. Darüber hinaus lässt sich die im Roman entfaltete Dreieckskonstellation von Mann, Frau und Kind als Spiegelbild der in der christlichen Heilsgeschichte verankerten Triade von Gott, der Jungfrau Maria und Jesus Christus interpretieren. Die so im Kern des Romans stehende Gottesmutter als Opfer sexueller Gewalt sowie als stillschweigende Mittäterin offenbart eine radikale Kritik am Frauenbild der katholischen Kirche.

PDF-Download des Beitrags