Anastasia Khomukhina: Sekundäre Praktiken: Kritiker und Parasiten

Teilaspekt des Forschungsprojekts
(für den Nachwuchsworkshop 2018)

Das Projekt befasst sich mit den sekundären Praktiken in der Gegenwartsdramatik. Es ist ein Teil des Dissertationsprojektes, das die metaphorischen Bezeichnungen der Bearbeitungsstrategien fremder Stoffe in den modernen Theatertexten untersucht. Im Zentrum der Betrachtung stehen zwei Konzepte, die Elfriede Jelinek in Bezug auf ihre Theatertexte herausgearbeitet hat – Parasitär- und Sekundärdramen.
Beide Modelle implizieren eine starke Auseinandersetzung mit den fremden Stoffen, weisen aber auf unterschiedliche Methoden und Praktiken hin. Die Sekundärdramen, die eine kommentierende Haltung gegenüber einem klassischen Text voraussetzen, kreieren eine Spannung zwischen der Wiederbelebung des fremden Stückes auf der Bühne einerseits und dem aktiven Angriff und Dekonstruktion von demselben Text durch die Unterbrechungen und Verdrehung der Zitate andererseits. Die gewählten „Primärdramen“ sind überdies Teil des Kulturerbes, was ihre Wahrnehmung als „Fremde“ oder „Eigene“ ambivalent macht und Fragen nach unserer Beziehung zu dem identitätsstiftenden Kanon aufwirft.
Die Parasitärdramen implizieren eine höhere Integrierbarkeit vom fremden Text in das eigene Stück, die „Einverleibung“ und Verschmelzung von fremden Material im Gegensatz zu der polarisierenden Gegenüberstellung in Sekundärdramen. Anstelle des Dichotomieverhältnisses des Eigenen und des Fremden kommt mit dem Begriff des Parasiten die Figur des Dritten ins Spiel. Die Figur, die einerseits die existierenden Beziehungen aufstört, um aber die neue Ordnung zu schaffen. Die entlehnten Stoffe und Textteile werden somit dem Primärkontext entzogen und in die neuen Verhältnisse zueinander gesetzt.
Das Projekt setzt sich also zum Ziel, beide metaphorischen Begriffe auf ihr Bedeutungs- und Analysepotenzial zu untersuchen, die erzeugten Spannungsverhältnisse zwischen dem Fremden und dem Eigenen auf Basis ausgewählter Texte zu verfolgen und die Position der Theatertexte gegenüber dem Kanon näher zu bestimmen.

2.7.2018

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