für den Nachwuchsworkshop 2022
Die Namen Elfriede Jelinek und Oksana Sabuschko werden in der internationalen sowie nationalen Presse oft in einem Atemzug genannt, dementsprechend werden ihre Werke häufig im Rahmen von Rezensionen verglichen. Gemeinsamkeiten, die dieser etwas oberflächliche Vergleich aus den Texten herausliest, sind meist auf die feministische Einstellung beschränkt: Katrin Hillgruber behauptet, es sei die Frau, die zum eigentlichen Subjekt und Medium der Geschichte wird, Kristina Werndl zieht Parallelen zwischen Jelineks Lust (1989) mit Sabuschkos Feldstudien zum ukrainischen Sex (1996) auf Basis der Darstellung der verbalen und körperlichen Gewalt durch Männer bei beiden Autorinnen. Auf weitere Ähnlichkeiten in Thematik und Motivik und sogar direkte intertextuelle Bezüge Sabuschkos auf Jelinek (wie beispielsweise in der Erzählung „Ich, Milena“, die sich eindeutig auf Die Klavierspielerin Jelineks bezieht) wird kaum eingegangen, weder in der ukrainischen noch in der internationalen Literaturwissenschaft, obwohl Oksana Sabuschko den Einfluss der österreichischen Autorin in mehreren Interviews nicht verneint und den Vergleich willkommen heißt – man siehe zum Beispiel ihr Interview für die Deutsche Welle.1
Das Ziel des vorliegenden Vortrags ist es, diese Lücke zu füllen und Werke der österreichischen und der ukrainischen Autorin anhand intertextueller Analyse zu vergleichen. Dieser Vortrag wird auch zu einem weiteren wenig erforschten Thema beitragen, und zwar zur Rezeption Elfriede Jelineks in der Ukraine, indem die Geschichte der ukrainischen Übersetzung Jelineks zum ersten Mal einzeln betrachtet wird. Ähnliche Versuche wurden bereits in dem von Peter Clar und Christian Schenkenmayr herausgegebenen Buch „Theatrale Grenzgänge: Jelineks Theatertexte in Europa“ unternommen, welches Jelineks Theatertexte in den polnischen, tschechischen, norwegischen und französischen Kontext setzt. Zu weiteren Werken, an denen sich der vorliegende Vortrag orientiert, gehören auch slowakische Übersetzungsstudien Dionýz Ďurišins wie „Teorija sravnitel’nogo izučenija literatury“ und „Artistic Translation in the Interliterary Process“.
Die Auseinandersetzung mit Elfriede Jelineks Prosatexten und derer ukrainischen Übersetzung und Rezeption wird nun als Ausgangspunkt für den Vergleich Elfriede Jelineks und Oksana Sabuschkos sowie als bisher fehlende Grundlage für weitere noch zu unternehmende intertextuelle Vergleiche Jelineks mit anderen zeitgenössischen ukrainischen Autorinnen und Autoren dienen.
1 Юрченко, Леся: Оксана Забужко: „Переклад – як ремонт у квартирі. Ніколи не закінчується“. https://www.dw.com/uk/оксана-забужко-переклад-як-ремонт-у-квартирі-ніколи-не-закінчується/a-15125037, (29.07.2022)
Informationen zu Ganna Huemer