für den Nachwuchsworkshop 2022
Dieser Beitrag widmet sich in Form einer Diskursanalyse der Berichterstattung zur Uraufführung Raststätte oder Sie machens Alle von Elfriede Jelinek. Das Stück kam am 5. November 1995 am Burgtheater Wien zur Uraufführung, Regie führte der damalige Intendant Claus Peymann selbst. Der Aufführung wurde von einem regen Interesse der Medien begleitet, was auch daran lag, dass Peymann bzw. sein Presseapparat geschickt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das Stückes lenkten: Etwa durch Peymanns Aussage, nach dem Stück müsse er aus Österreich auswandern2, die (fast vollkommene) Geheimhaltung des Stücktextes sowie gezielte Informationsverbreitung über den angeblich wild pornografischen Inhalt des Stücks.3 Der angekündigte Skandal fand jedoch nicht statt, die meisten Kritiker waren von „dem Pornostück“ enttäuscht. Die Inszenierung wurde trotzdem die erfolgreichste des Theaters in diesem Jahr.4
Das Ziel dieses Beitrags ist es nun, die Reaktionen auf das Stück genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei verortet die Arbeit sich nicht in einem literaturwissenschaftlichen Kontext, obwohl an die Jelinek-Forschung angeknüpft wird. Vielmehr wird der Blick auf die gesellschaftlichen Umstände gerichtet, die die Uraufführung des Werkes begleitet haben. Diesen Artikel verstehe ich als Vorarbeit zu meiner Masterarbeit im Fach Zeitgeschichte und Medien an der Universität Wien: Auf die Forschungsfragen können zu diesem Zeitpunkt vorläufige Antworten gegeben werden, die sich aus der Literaturrecherche und der genauen Analyse der Rezensionen ergeben, allerdings steht eine vertiefende Analyse der einzelnen Punkte noch aus. Meine Teilnahme an dem Workshop hat das übergreifende Ziel, mit Mentor*innen und Kolleg*innen auch darüber ins Gespräch zu kommen, bei welchen Fragestellungen noch die interessantesten Ergebnisse erwartet werden können. Diese Arbeit entstand in einem Seminar zur Wirtschafts,- Sozial,- und Kulturgeschichte von Pornografie und Erotika, entsprechend wird der Fokus dieser Arbeit auf den Umgang der Rezensent*innen mit den im Stück aufkommenden pornografisch konnotierten Themen gelegt. Aus dem Forschungsinteresse leiten sich drei Hauptfragen ab: Welche Akteur*innen werden genannt und wie werden sie in den Rezensionen dargestellt? Welche Debatten um das Thema Pornografie werden aufgenommen und wie werden sie ausgetragen? In einem dritten Abschnitt soll der Sprachgebrauch der Rezensionen analysiert werden: Welche sexualisierten Begriffe werden verwendet und welche Strategien werden damit verfolgt?
1 (Titel): Programmheft des Wiener Burgtheaters zu Elfriede Jelineks Raststätte oder Sie machens alle, 1994, S. 69.
2 Kralicek, Wolfgang: Die Nackten und die Zoten. In: profil, 31.10.1994.
3 Vgl. etwa: ebd.
4 Vgl. Beil, Hermann (Hg.): Weltkomödie Österreich. 13 Jahre Burgtheater 1986-1999. Band II Chronik. Wien: Österreichischer Bundestheaterverband 1999, S. 311-312.
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