Universitäre Arbeit
Seitdem die Entscheidung Elfriede Jelinek den Nobelpreis für Literatur zuzuerkennen im Oktober 2004 bekannt gegeben wurde, mehrte sich nicht nur das öffentliche Interesse, sondern es setzte zugleich eine intensivierte Auseinandersetzung mit ihren Texten ein. Sowohl Kritiker, Essayisten und Feuilletonisten beschäftigten sich mit dem OEuvre, um entweder zu lobpreisen oder ihr Unverständnis gegenüber dem Werk, der Autorin und auch dem Komitee in Stockholm lautstark mitzuteilen.
Nun kann man […] Elfriede Jelinek einerseits […] für ein Genie […]halten. Man kann sie aber auch, wie […] Reich-Ranicki, für eine Autorin erachten, deren „Talent sich in Grenzen hält“. Oder man kann sie sogar, wie ohne falsche Scheu ich, als eine spätfeministische Neokitschieuse einschätzen, je letztlich (vor allem wenn man ihre steindummen Theaterstücke taxiert) als eine Vollnullität, deren ab ovo geringe literarische Potenz sich über lange Zeit von der Zweitkopie des sich zuletzt ja auch nur noch selber kopierenden Thomas Bernhard ernährte, ehe auch diese trübe Quelle längst versiegte und versickerte.[1]
Nichtsdestoweniger setzte neben diesen oftmals polemischen Standardartikeln auch eine Impulsbewegung in der Literaturwissenschaft ein – eine neue produktive Beschäftigung mit den unterschiedlichsten Formen Jelinekscher Textkunst, die bis heute nicht abgerissen ist. Doch zeigt sich auch die Schwierigkeit mit diesen an Dichtheit kaum übertroffenen Schriften zu arbeiten, sie in den Kanon moderner oder postmoderner Erzählweisen einzufügen und Lesarten zu finden, die mehr Raum bieten als vorschnelle Kategorisierungen wie „Nestbeschmutzerin“, „Emma-Feministin“ oder „Postdramatikerin“. Ihr drastischer Ausdruck polarisiert bekanntlich die Massen, doch der „musikalische Fluß von Stimmen und Gegenstimmen in Romanen und Dramen, d[er] mit einzigartiger sprachlicher Leidenschaft die Absurdität und zwingende Macht der sozialen Klischees enthüll[t]“[1], fordert geradezu eine Auseinandersetzung mit der sprachlichen Wirkmächtigkeit dieser Autorin.