Dissertation
Abstract
2006 fand die Uraufführung von Elfriede Jelineks Theatertext Ulrike Maria Stuart statt, ein Text in dem die weiblichen Protagonistinnen als politisch und gesellschaftlich handelnde Frauen dargestellt werden. Mit ihm setzt die Autorin ihre „Prinzesinnendramen“ Der Tod und das Mädchen I-V fort, die von 1999 bis 2003 als Zwischenakte erschienen und deren Protagonistinnen – als Prinzessinnen – sich außerhalb der Machtinstitutionen befinden und erfolglos versuchen, diese Situation zu verändern. Doch von der in den Zwischenakten und in vielen anderen Werken Jelineks vertretenen Einstellung, Frauen haben keinen realen Zugang zur Macht, distanziert sich das Theaterstück Ulrike Maria Stuart, in dem es nicht mehr um die Ohnmacht der Frau geht, sondern um ihre Machtansprüche, um den Kampf von um Macht konkurrierender Frauen. Haben sich die Mehrheit der kritischen Studien auf die Interpretation der Frau als Objekt oder Opfer konzentriert, ist eine Analyse von Jelineks Texten aus dieser Perspektive noch kaum untersucht worden.
Anliegen dieses Dissertationsprojekts ist es, die Entwicklung Jelineks weiblicher Figurendarstellung in ihren Stücken zu analysieren, insbesondere in Bezug auf deren Geschlechtsidentität und die derzufolge politische und gesellschaftliche Positionierung innerhalb der Gesellschaft. Ausgehend von der Machtkonzeption von Michel Foucault und der performativen Gender-Theorie von Judith Butler sollen drei Theaterstücke verschiedener Erschaffungsepochen analysiert werden, nämlich Krankheit oder moderne Frauen (1984), Der Tod und das Mädchen I-V (2003) und Ulrike Maria Stuart (2006). In der Analyse dieser Texte soll aufgezeigt werden, inwieweit der Umgang mit Macht von den etablierten und stereotypischen Diskursen von den Geschlechterrollen abhängen. Ein weiteres zentrales Thema des Projekts ist die Frage, wie der Versuch von Widerstand in den drei Stücken dargestellt wird, wofür die Theorie Butlers über die Genderkonstruktion ein optimales methodisches Vorgehen anbietet. Ausgangspunkt meiner Analyse ist die These, dass die weiblichen Figuren in den zwei ersten Stücke an dem Versuch scheitern, gegen die herrschende Ordnung zu kämpfen und sich der Herrschaft der Männerfiguren zu entziehen, Jelinek in Ulrike Maria Stuart jedoch eine andere Machtkonstellation darstellt, in der Frauenfiguren über Macht verfügen. Der Umgang von Macht wird aber in diesem letzten Stück in einem vielshichtigen intertextuellen Spielraum problematisert und hinterfragt.
21.5.2013
Informationen zu Ana Giménez Calpe