Masterarbeit
Die beiden österreichischen Dramatikerinnen Elfriede Jelinek und Kathrin Röggla (Röggla lebt in Berlin) bezeichnen sich selbst als gesellschaftskritische bzw. politisch engagierte Autorinnen. Ihre Werke dienen dazu, die Konfrontationen und Reflexionen der Autorinnen in Bezug auf gesellschaftliche Prozesse, Phänomene und Machtverhältnisse sichtbar zu machen. Text und Theater fungieren für Jelinek und Röggla als »Sprachrohr«, und obwohl es Elfriede Jelinek ist, die die Methoden eines postdramatischen Theaters, somit die »Montage von Sätzen« und eine performative Sprache, mitunter erst schuf, sind beide Autorinnen »Zeuginnen« derselben gesellschaftlichen Erfahrung im Rahmen neoliberaler Ideologien, und beide bedienen sich daher der »Dekonstruktion von Vorstellungsmodellen« (einer Dekonstruktion von Idealen und Bedeutungen, auch ihrer eigenen). Auch wenn sich ihre Ansprüche an die Literatur und deren Ausmaß unterscheiden – Jelinek spricht von ihrem »übersteigerten Moralismus«, Röggla wendet sich hingegen von jedem moralischen Anspruch im Sinne einer autoritären Geste ab -, bleibt das Ziel bzw. die Methode ihrer ästhetischen Verfahren das Gleiche, da beide bemüht sind, den kommunikativen und medial simulierten Abgrund, der sich zwischen den Menschen bewegt, sichtbar und erfahrbar zu machen. Über die Sprache und deren performative Möglichkeiten versuchen Jelinek und Röggla Ambivalenzen und Widersprüche hervor zuarbeiten, durch die Übertragung ihrer Diskurse in eine körperliche Präsenz Leben in Form von Eigensinn und Widerstand gegenüber Machtstrukturen und Wahrheitsbehauptungen bei den Rezipienten/innen als Eigenerfahrung zu initiieren. Ein Protest steht dabei im Vordergrund, den sie selbst vorzuleben bzw. »vor-zu-schreiben« geneigt sind.
Ich versuche in dieser Diplomarbeit anhand jeweils dreier Dramentexte (Elfriede Jelinek: Bambiland, Ulrike Maria Stuart, Rechnitz – Der Würgeengel und Kathrin Röggla: fake reports, wir schlafen nicht, worst case), die sich im weitesten Sinne gesellschaftspolitischen Ereignissen und Prozessen der Gegenwart widmen, auf die Frage einzugehen, inwieweit die beiden Schriftstellerinnen unterschiedlicher Generationen in einem politischen Sinne schreiben, welcher Methoden sie sich dazu bedienen, und worin die zentralen Unterschiede ihrer Arbeiten liegen.
28.5.2013