Janina Henkes: Selbstvermarktung von Schriftsteller_innen

Masterarbeit

Selbstdarstellung und Selbstinszenierung sind im literarischen Forschungsdiskurs zu wichtigen Begrifflichkeiten geworden. Die Präsenz und die Öffentlichkeitsarbeit von *Schriftsteller_innen spielen dabei eine wichtige Rolle. Die Masterarbeit Selbstvermarktung von Schriftsteller_innen untersucht das Kunstverständnis und Künstler_innenbild, das sich seit dem Mittelalter geprägt hat. Davon ausgehend sollte herauskristallisiert werden, welches Bild Schriftsteller_innen bedienen müssen, um auf dem Kunstmarkt Interesse für sich zu generieren. Anhand der Autor_innen Elfriede Jelinek und Max Frisch wird demonstriert, wie ihr Leben als Künstler_innendasein hochstilisiert wird und sich eine Spaltung zwischen Bürgertum und Künstlertum darstellt. Eine Vermengung von künstlerischer Arbeit und biographischen Daten findet infolgedessen statt. Ihre politischen Aussagen in Werken ebenso wie in Reden oder auf anderen Publikationswegen führen zu Kontroversen und machen sie zu geeigneten Zielscheiben für diffamierende Polemik. Durch jene Komponenten „ist [es] nur natürlich, dass zwischen dem rechtspopulistischen Politiker Jörg Haider von der FPÖ und der linken, feministischen Schriftstellerin Elfriede Jelinek ein Streit entfacht. Haider stellt Jelinek als Staatsfeindin an den Pranger.“ (S. 47)
Anhand der beiden genannten Autor_innen werden Strategien der Selbstdarstellung von Literaten in der Öffentlichkeit und in den Medien erörtert. Zur Einordnung und Fundierung sind zunächst einleitend das sich im Laufe der Jahrhunderte wandelnde Bild von Künstler_innen und das dahinter stehende Kunstverständnis geschildert und dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf der Frage, inwieweit und mit welcher Intention sich Künstler_innen (bzw. Schriftsteller_innen) entweder als Persönlichkeiten in der Öffentlichkeit exponieren und inszenieren oder sich, im Gegenteil, dem Interesse an ihrer Person zu entziehen versuchen. Diese inhaltliche Fokussierung erweist sich deshalb als sinnvoll, weil im weiteren Verlauf der Arbeit genau dieses öffentlichkeitswirksame (und gleichzeitig öffentlichkeitsscheue) Spiel mit der eigenen Identität und Persönlichkeit bei Frisch (S. 24 ff.) und Jelinek (S. 38 ff.) exemplarisch genauer untersucht wird. Zuvor setze ich mich in einem Zwischenkapitel mit dem Auftreten von Autor_innen in den Medien auseinander und greife dafür nicht nur auf aktuelle Literatur (etwa Lucas/ Meyer/ Sorg, 2013), sondern auch auf ein eigenes Interview mit der Autorin Hanna Lemke (S. 21-23) zurück. Die Arbeit wird mit zusammenfassenden Betrachtungen zu den Selbstvermarktungsstrategien bei Jelinek und Frisch beendet.
Die beiden untersuchten Schriftsteller_innen machen „die Vermarktungsstrategie des ‚Brandings’ als gesellschaftskritische, engagierte, kontroverse Intellektuelle“ (S. 61) für sich nutzbar und können „dadurch eine spezifische Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit“ (ebd.) generieren, die nicht nur zu weiteren Medienauftritten, sondern auch zu Schreib-Aufträgen für die Protagonisten führt: „Die Kunst wird zum Handwerk auch in marketingstrategischer Hinsicht“ (ebd.). Die Schwierigkeiten und Widersprüche, die sich aus dem postulierten Selbstverständnis von Jelinek und Frisch als Literaten einerseits und als politisch denkende, engagierte und sich in öffentliche Debatten einmischende Autoren andererseits ergeben, sind in der Arbeit herausgestellt (vgl. zu M. Frisch S. 36 f., zu E. Jelinek beispielhaft die Inszenierung ihrer Videobotschaft zum Nobelpreis als unübersehbaren Rückzug aus der Öffentlichkeit, S. 40 f.). Autor_innen und Publikum bedienen hier gleichermaßen den Trend, dass bei der Auseinandersetzung mit Literatur zunehmend weniger die Intention und Interpretation des Werks und zunehmend mehr die Identifikation mit dem Autor im Mittelpunkt steht (vgl. S. 15-16).

9.12.2013

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