Sabrina Weinzettl: „wir erschaffen uns eigens selbst“ Zur Alteritätskonstruktion und -dekonstruktion in Jelineks „Wut“

Teilaspekt des Forschungsprojekts
(für den Nachwuchsworkshop 2018)

Der Beitrag für den Nachwuchsworkshop 2018 widmet sich der Frage nach der Konstruktion und Dekonstruktion von Alterität in Elfriede Jelineks Theatertext Wut.

Mit ihren polyphonen, intertextuell-konzipierten Textflächen hat Jelinek eine Form gefunden, Konstruktionen von Eigenem und Anderem nicht nur auszustellen, sondern sie, durch Verweigerung von eindeutigen Zuschreibungen, zu unterwandern und zu dekonstruieren. Im Wir der Textfläche verbinden sich Stimmen religiöser Fanatiker, rechtsextremer Mobs, Hassposter und Wutbürger zu einem gewaltbereiten Chor, wobei die fließenden, assoziativen Übergänge eine eindeutige Festlegung nicht zulassen. In Wut, einem Theatertext, den Jelinek unter den Eindrücken der Anfang 2015 in Paris verübten Terroranschläge geschrieben hat, befasst sich Jelinek mit unterschiedlichen Phänomen des Fanatismus, der in seiner Extremform, die Vernichtung des Anderen zum Ziel hat, und fragt nach den Ursachen für die daraus resultierenden Gewalt-Eskalationen. Das Thema der Alterität findet sich insofern in Wut verhandelt, als dass sich der Theatertext zentral mit dem Verhältnis von Gewalt und Religion befasst und Religion als Ursache von Gewalt dekonstruiert.

In meiner These gehe ich davon aus, dass Wut Wahrnehmungsstrukturen, die religiöse bzw. auf Ideologien beruhende Gewalt als ein völlig Anderes, außerhalb der eigenen Identität anzusiedelndes Phänomen zeichnen, in der Verschränkung unterschiedlicher Gewalttaten unterwandert. Dafür wird insbesondere Arata Takedas Untersuchung Ästhetik der Selbstzerstörung, der in Bezug auf terroristische (Selbstmord-)Attentate von einer kulturpolitischen Fehlwahrnehmung spricht, herangezogen. Untersucht werden soll, mittels welcher Verfahren Jelinek Formen der Alteritätskonstruktion im Theatertext aufzeigt und demontiert. In Anlehnung an Emile Benvenistes Überlegungen zum Pronomen wir, dem sowohl inklusiver als auch exklusiver Charakter beizumessen ist, werden die Jelinek’schen Sprecherpositionen, v.a. das kollektive Wir, hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Konstruktion von Identität / Alterität in den Blick genommen.

27.9.2018

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