Violanta de Raulino: Ikarus (Statement zur Produktion)

E. Jelineks Text Ikarus. Ein höheres Wesen vergegenwärtigt uns die Zwiespältigkeit und auch die Widersprüchlichkeit, in die der Mensch als ein Wesen gestellt ist, das zwar die Möglichkeit besitzt an der metaphysischen Welt teil zu haben, aber die Fesseln der physischen Gebundenheit nicht abstreifen kann. An diesem Moment kommt die Technik ins Spiel, die – um mit Peter Sloterdijk zu sprechen – da beginnt, wo der Mensch begonnen hat das Wünschen zu lernen. Ich denke, am Thema Fliegen kann man diesen Problemkreis, in dem sich der Mensch schon seit Urzeiten bewegt, am deutlichsten festmachen. Bei Ikarus geht es auch um Ungehorsam, d.h. den Anspruch auf Selbsterfahrung – und die kann man bekanntlicherweise nur dann machen, wenn man an Grenzen stößt. Es geht ebenso um das Verlassen der Geburtsstätte (Geia – Erde – Labyrinth) – um das Entrinnen aus dem Labyrinth, welches im Mythos für die Unergründlichkeit des weiblichen Prinzips steht. Daedalus, der Vater, der geniale Erfinder und Erbauer des Labyrinths, kennt dessen Prinzipien… und kommt heil an. Er setzt seine Reise mit dem Schiff fort.

  • 1. Selbsterfahrung – Selbsterfindung
  • 2. Vater: Baumeister Ingenieur Lehrer
  • Sohn: unerfahren, ungehorsam, leidenschaftlich
  • 3. Verweigerung von Verantwortung
  • 4. Zweifel am Gelingen gegenüber überheblicher Selbstüberzeugung
  • 5. Selbstherstellung
  • 6. Wut auf die Elemente, daß sie nicht so wollen wie er
  • „Überall die blöden Federn“
  • 7. Opfer – Täter

20.6.2006

Violanta de Raulino arbeitete als Choreographin und Regisseurin für Ballett, Tanztheater, Schauspiel, Oper, Oratorium, Musical und Film in Wien, Zürich, Bonn, Spanien, Kroatien und Holland. 2003 Gründung der Académie de Danse in Franken und des Ballettzentrums in Dettelbach, 2006 Gründung und Debüt der Raulino Danse Group.