Martina Möseneder: Sprache im Theater Elfriede Jelineks. Eine linguostilistische Untersuchung der Texte „Burgtheater“, „Stecken, Stab und Stangl“ und „Das Werk“

Magisterarbeit

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Theatersprache Elfriede Jelineks mit den Mitteln der linguistischen Stilistik zu beschreiben. Dazu sind aus wissenschaftlicher Sicht zwei Vorbemerkungen zu machen. Zum einen ist die Stilistik als linguistische Disziplin – im Vergleich beispielsweise zur Textlinguistik – nicht fraglos anerkannt. Denn das Phänomen Stil, dem notwendigerweise immer eine gewisser Grad an Individualität und Subjektivität inhärent ist, kann in den Augen mancher Linguisten nicht Gegenstand exakter Wissenschaft sein, bzw. sind aus der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit „Stil“ keine objektiv nachvollziehbaren Ergebnisse zu erwarten. Diese Ansicht dürfte auch damit zusammenhängen, dass es innerhalb der Stilistik viele verschiedene Ansätze und Zugänge, aber keine allgemein anerkannte Methodik und Theorie gibt.
Dieser Skepsis zum Trotz soll in dieser Arbeit versucht werden, die Stilbeschreibung mit linguistischen Methoden so weit als möglich zu objektivieren, wie Bernd Spillner wiederholt gefordert hat. Denn nicht zuletzt dürfte die große Anzahl theoretisch wenig fundierter, mehr auf Intuition fußender Stilanalysen zu Vorbehalten gegenüber der Stilistik beigetragen haben. Einen zweiten bemerkenswerten Aspekt stellt die Beschäftigung mit einem literarischen Text dar. Die Frage, was die Linguistik bei der Untersuchung literarischer Texte leisten kann, wurde immer wieder gestellt. Häufig wird die Ansicht vertreten, dass die Sprachwissenschaft diesbezüglich lediglich die Rolle einer Hilfswissenschaft einnehmen kann. Da sie sich mit dem Text beschäftigt, sei sie alleine nicht fähig, zu Erkenntnissen über das literarische Werk zu gelangen. Einige jener Linguisten, die auf dem Gebiet der Erforschung poetischer Texte arbeiteten, forderten die Zusammenarbeit von Linguistik und Literaturwissenschaft, so z.B. Lerchner (1984) und Spillner (1974). Während sich strukturalistische Ansätze der Stilistik in den 60er und 70er Jahren vermehrt der Analyse literarischer Texte zuwandten (Jakobson, Riffaterre), wurde infolge der „pragmatischen Wende“ das Interesse an Gebrauchstexten geweckt, was sich besonders bei den von der Handlungsstilistik untersuchten Textsorten (Wetterberichte, Heiratsanzeigen, Kochrezepte u.a.m.) bemerkbar machte. Die Weiterentwicklung der Stilistik bis heute zeigt eine Vielfältigkeit bei der Analyse von Textsorten und so geraten auch immer wieder literarische Gattungen ins Blickfeld der Linguistik.
Die drei Hauptabschnitte dieser Arbeit spiegeln Aufbau und gedankliches Konzept wieder: Im ersten Teil werden die theoretischen Voraussetzungen der Analyse dargelegt. Um die linguistische Ausrichtung der Arbeit zu verdeutlichen, werden zu Beginn einige Vorbemerkungen zur linguostilistischen Forschungstradition – insbesondere in Bezug auf die Analyse literarischer Texte – gemacht: Nach einem kurzen Forschungsüberblick über die Entwicklung der linguistischen Stilistik – immer auch im Hinblick auf die Brauchbarkeit für meine Untersuchung – werden Überlegungen zu den Besonderheiten literarischer Kommunikation angestellt, wobei Spillners Kommunikationsmodell eine wichtige Rolle spielt. Im Anschluss daran wende ich mich der Autorin Elfriede Jelinek zu und gehe auf einige grundlegende Besonderheiten ihrer Theatertexte ein, die diese für die linguistische Untersuchung besonders reizvoll machen. Warum für die Analyse ausgerechnet die drei Texte Burgtheater, Stecken, Stab und Stangl und Das Werk ausgewählt wurden, wird abschließend begründet.
Der zentrale Teil des ersten Hauptabschnittes ist das folgende Kapitel 3, in dem unter kritischer Auseinandersetzung mit den in Kapitel 1 vorgestellten linguostilistischen Ansätzen eine für die Analyse der Jelinekschen Theatertexte möglichst adäquate Theorie entwickelt wird. Ausgehend von der Beobachtung, dass viele Texte Jelineks Skandale provoziert und empörte Reaktionen von mehreren Seiten hervorgerufen haben, werden mögliche Gründe für die offenkundig starke Textwirkung überlegt und die Frage gestellt, welche speziellen Stilmerkmale dafür verantwortlich sein könnten. Infolgedessen wird die These aufgestellt, dass das Prinzip der Abweichung wesentlich zur Wirkung der Texte beiträgt. Um die eingangs geforderte wissenschaftliche Transparenz der Stilanalyse zu gewährleisten, wird ein Raster linguostilistischer Beschreibungsebenen erstellt, aufgrund dessen die anschließende Analyse erfolgen soll. Die wichtigsten Kategorien werden kurz erläutert. Den Abschluss des ersten Teils bildet die Formulierung konkreter Fragestellungen und Ziele der Untersuchung. Der zweite Teil beinhaltet die Analyse der genannten drei Stücke auf Basis der im ersten Teil erarbeiteten Voraussetzungen. Im dritten, vergleichsweise kurzen Teil finden schließlich die vergleichende Zusammenführung der Ergebnisse und abschließende Überlegungen statt. Die im ersten Teil gestellten Fragestellungen sollen beantwortet und weiterführende aufgeworfen werden.

PDF-Download der Magisterarbeit