Moira Mertens: Untote Erinnerung. Medienästhetische Analyse der Erinnerungskonzeptionen der Shoa in Elfriede Jelineks Roman „Die Kinder der Toten“ und den neueren Dramen

Dissertation

Abstract

Im Roman Die Kinder der Toten spitzt Elfriede Jelinek ihre Ästhetik des Untoten zu, wenn sie die Wiederkehr der Shoah-Opfer imaginiert und eine Vermengung untoter Toten mit den Lebenden zum Kernthema macht. In Jelineks literarisch- poetologischen Diskurs-‚Gespinsten‘ erscheint als Ursache für diese Vermengung die Erinnerung selbst sowie das Gedenken an den Faschismus und den Antisemitismus.
In der Dissertation wird Jelineks fiktiver Behauptung einer Gefährdung der Lebenden durch eine Wiederkehr der Toten nachgegangen. Gezeigt werden soll an den Romanen Die Kinder der Toten und Neid, an den darauffolgenden Dramen Stecken, Stab und Stangl, Rechnitz (Der Würgeengel), Babel und Bambiland wie Jelinek die Erinnerung der Shoah als auch das Gedenken an die Toten als Problem unserer Kultur darstellt. Die Autorin wendet dabei ein Verfahren an, das als ‚diskursive Dekonstruktion‘ beschrieben werden könnte. Durch assoziative Sprachspiele bearbeitete Zitate aus der Gegenwart bis zur Antike erzeugt sie vielstimmige Textmontagen, welche die gegenwärtigen Diskussionen zur Erinnerungskultur in ihrer historischen Verwurzelung zeigen und in denen die Klage eines kulturellen Mangels der Mediengesellschaft erhoben wird. Auf diese Weise wird die Erinnerung im Echo-Zitat und in der sprunghaften Assoziation zum ästhetischen Mittel, das durch sich selbst Aussagen und Botschaften generiert. Aufgrund Jelineks Schreibverfahren bietet sich als Methode eine diskursanalytische Untersuchung ihrer Texte an, die auch die medienästhetischen Voraussetzungen ihrer Literatur miteinbezieht. Zum Thema der Erinnerung sollen kulturwissenschaftliche Untersuchungen herangezogen werden, wie sie von Hartmut Böhme oder Karl-Josef Pazzini unternommen werden. Ziel der Dissertation ist es, das Thema der kulturellen Erinnerung in und mit Jelineks Texten zu untersuchen. Insofern soll die literaturwissenschaftliche Analyse aus einem poetologischen Teil und einer Analyse der inhaltlichen Aspekte ihrer Texte bestehen.

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