Forschungsprojekt
(für den Nachwuchsworkshop 2014)
Jelineks Auseinandersetzung mit dem Reaktorunglück in Fukushima stellt eine neue Stufe ihrer literarischen Entwicklung dar hinsichtlich des trans-europäischen Rahmens der Thematik. Das geplante Referat will das Theaterstück Kein Licht (2011) untersuchen im Vergleich mit dem Erzählband Kamisama 2011 (dt. Gott 2011; 2011) der von der japanischen Autorin Hiromi Kawakami ebenfalls als Reaktion auf Fukushima geschrieben wurde, wobei der Gattungsunterschied besondere Berücksichtigung finden soll. Was beide Texte vergleichbar macht, ist das bestimmende literarische Verfahren einer Textkonstruktion über Zitate.
„Die Toten (aus)sprechen lassen“ gilt als eines der zentralen Motive von Jelineks Auseinandersetzung mit dem Holocaust und der Kontinuität der Vergangenheit in der Gegenwart. Zu dieser Kontinuität gehört die „Kommunikation mit den Toten“, die in ihren Texten stattfindet.
In meinem Projekt wird argumentiert, dass man Jelineks Texte generell als eine Art von Kommunikation mit den Toten lesen kann, was sich anhand signifikanter literarischer Methoden belegen lässt. Von besonderer Bedeutung erscheint hierfür Jelineks Umgang mit Zitaten. Ihre Zitierpraxis ist bereits von Evelyn Annuß hinsichtlich des Konzepts „Nachleben“ untersucht worden (Elfriede Jelinek. Theater des Nachlebens. 2005). Intertextuelle Bezüge als „Heimsuchung der Gegenwart durch die gespenstischen Manifestationen einer unbewältigen Vergangenheit“ (Pia Janke [Hg.]: Jelinek Handbuch 2013: 53) sind aber nicht nur für Jelinek, sondern für die deutschsprachige Nachkriegsliteratur überhaupt von Bedeutung, wie Axel Dunker in seinem Buch Die anwesende Abwesenheit. Literatur im Schatten von Auschwitz (2003) aufgezeigt hat.
Auch Kein Licht weist wie andere ihrer Werke umfangreiche Zitate auf; der trans-europäische Kontext führt jedoch weg von der zentralen Thematik ihres sonstigen Werks. Indem ich analysiere, wie das Zitat hier eine Kommunikation mit den Toten ermöglicht, soll zugleich der Frage nachgegangen werden, ob sich damit auch eine neue Phase des Zitierverfahrens bei Jelinek abzeichnet. Andererseits werde ich ihren Text mit dem Erzählband Kamisama 2011 der japanischen Autorin Hiromi Kawakami vergleichen, die sich ebenfalls einer signifikanten Methode des Zitats bedient, nämlich des Selbstzitat aus ihrer Debüterzählung Kamisama (1989). Mittels des Vergleichs des Zitatverfahrens bei Kawakami und Jelinek möchte ich darstellen, welche Funktion das (Selbst-)Zitat bei der Auseinandersetzung mit der Katastrophe und der Kommunikation mit den Toten übernimmt.
23.6.2014
Informationen zu Asako Fukuoka