Teilaspekt des Forschungsprojekts
(für den Nachwuchsworkshop 2014)
Elfriede Jelinek arbeitet in ihrem Werk an der ideologiekritischen Entlarvung von (Trivial)Mythen (Janz 1995). Die Idealisierung klassischer Musik, wie sie in Die Klavierspielerin und Clara S. dekonstruiert wird, ist hierbei keine Ausnahme. Dabei wird die Idealisierung der Musik durch die Integration in gewalttätige Kontexte unterlaufen. In der Klavierspielerin geschieht dies durch eine Parallelisierung von strenger klassischer Form und sexuellem Übergriff: Sexuelle sadomasochistische Gewaltfantasien spiegeln sich in der strukturellen Gewalt einer ästhetischen Erziehung durch eine als domestizierende Kraft verwendete Musik, die zur Kontrolle des weiblichen Körpers eingesetzt wird (vgl. Leppert 1993). Somit wird indirekte strukturelle Gewalt als direkte Gewalt geschildert.
Unter Einbezug der bisherigen Forschung zur Rolle der Musik in Jelineks Texten (Janke 2003, 2008), und vor dem Hintergrund der Bedeutung transmedialer Gemeinsamkeiten für intermediale Interaktion (Elleström 2010) soll in diesem Artikel der Zusammenhang von Gewalt und Musik untersucht und die Frage gestellt werden, welche Gemeinsamkeit in der diskursiven Verbindung hervorgehoben wird. Dabei erscheinen die Unmittelbarkeit somatischer Wirkung von Musik und Gewalt einerseits und die Restriktion von Form andererseits als mögliche Anknüpfungspunkte zwischen Gewalt und Musik. Ziel des Artikels ist es, den Diskurs von Gewalt und Musik mit Jelineks inszenierenden performativen Sprachgebrauch in Verbindung setzen zu können, der wiederholt sowohl als gewalttägig als auch musikalisch bezeichnet worden ist.
Der Artikel ist Teil eines Postdok-Projektes zur Erforschung des wiederkehrenden Topos von Gewalt und Musik in der Literatur: „The Common Ground of Music and Violence in Literature,“ in dessen Rahmen die Verknüpfung von Gewalt und Musik, sowie das Einhergehen dieses Topos mit einem performativ geprägten, inszenierenden Sprechen neben Texten von Jelinek auch im Werk von Heinrich von Kleist und Anthony Burgess (A Clockwork Orange) untersucht wird.
23.6.2014
Informationen zu Beate Schirrmacher