Uta Degner: Pop nicht als Pop. Elfriede Jelineks Romane „wir sind lockvögel baby!“ und „Michael“ im literarischen Feld der frühen 1970er Jahre

Teilaspekt der Habilitation
(für den Nachwuchsworkshop 2014)

Im Rahmen meines Habilitationsvorhabens diskutiere ich Jelineks Prosawerk als bestimmt vom Prinzip der „doppelten Distinktion“ (Pierre Bourdieu): ihre Texte positionieren sich zu jeweils zwei prononciert antagonistischen Kontexten und generieren aus dem daraus entstehenden Spannungsverhältnis eine Energie, die das Herz der Jelinekschen Poetik darstellt. Die ersten beiden Romane, wir sind lockvögel baby! (1970)und Michael. Ein Jugendbuch für die Infantilgesellschaft (1972) lassen sich dabei auf die paradoxe Formel ‚Pop nicht als Pop‘ bringen: Sie arbeiten intensiv mit stilistischen Übernahmen aus der Pop-Avantgarde (Cut up-Techniken, Sprache des Obszönen und sexuell Expliziten, Anleihen am Trivialen), aber kritisieren in der Form ihrer Darstellung – Überzeichnung und Hyperbolisierung von Gewalt – zugleich die affirmative Haltung der Popkultur. Es gibt daher in der Forschung noch immer eine Diskussion, ob Jelineks Werk der Pop-Kultur zuzurechnen sei oder nicht gerade als Anti-Pop einzuschätzen ist. Mein Beitrag möchte in einer genauen Relationierung zu zeitgleichen literarischen Positionen (v.a. Rolf Dieter Brinkmanns und Peter Handkes) die spezifische ästhetische Logik der ambivalenten Positionierung Jelineks herausarbeiten. In Weiterführung der Monographie Lea Müller-Dannhausens und unter methodischer Orientierung an Pierre Bourdieus Konzept des literarischen Feldes soll gezeigt werden, wie Jelinek bereits mit diesen Frühwerken feldtheoretisch ein ästhetisches ‚Allein-stellungsmerkmal‘ entwickelt, das die Logik des von Bourdieu beschriebenen zweifachen Bruches ins 20. Jahrhundert transferiert.

25.6.2014

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