Bachelorarbeit
Die vorliegende Arbeit fokussiert auf die verschiedenen Teilaspekten, die Jelinek bei
der Sektion der fiktiven Haiderfigur im Lebewohl zum Vorschein bringt. Die Vorlage
des Kärntner Politikers wird dabei als Mythologem für die Mythenkomplexe im
Zusammenhang einerseits mit Heimat und andererseits mit Sexualität gesehen. Ziel
dieser Arbeit ist es, als eine Art Vergrößerungsglas auf den Mythenkadaver Haider
zu blicken und dabei freizulegen, welche Teilebenen Jelinek im Zuge ihrer
dekonstruktivistischen Vorgangsweise im Lebewohl bespielt und welche Strategien
dabei zum Einsatz gelangen. Dabei wird insbesondere Jelineks Verfahren der
Entmythologisierung, das auf Roland Barthes zurückgeht 1), vordergründig betrachtet.
Im Zusammenhang mit den Teilaspekten des Mythos Sexualität setzt sich Jelinek im
Lebewohl mit Aspekten der Verführung auseinander, die sie auf unterschiedliche
Weise an realgeschichtliche Personen und Ereignisse anbindet, um ihren Ersatz-
Haider als Abziehbild eines homophilen Casanovas zu destruieren. Daneben
konstruiert Jelinek (Zerr-)Bilder der Versuchung, die sie letztlich in den Dienst
sexueller bzw. geschlechtlicher Ambivalenz stellt.
Jelinek bemüht im Lebewohl ebenso die Schnittstelle zum Mythenkomplex Heimat
und entlarvt den Monologsprecher als (Un-)Schuldslamm im Wolfspelz. Der
homoerotischen Komponente setzt sie einen ordentlichen Verfechter (r)echter Werte
entgegen und deformiert den Mythos Haider schließlich als reumütigen Heuchler im
Büßerhemd.
1) Vgl. Sander, Margarete: Textherstellungsverfahren bei Elfriede Jelinek. Das Beispiel „Totenauberg„. Würzburg: Königshausen und Neumann 1996. S. 14.
12.5.2017