Bachelorarbeit
In ihrem Theatertext Rechnitz (Der Würgeengel) erschafft Elfriede Jelinek ein diverses Gemenge an Botenfiguren, welche sich in ihren Sprechrollen rapide abwechseln. Die einzelnen Stimmen lassen sich dabei kaum noch unterscheiden und fließen an vielen Stellen zu konträren und widersprüchlichen Aussagen zusammen, sodass weder die Sprecherinstanzen, noch die jeweiligen Perspektiven einer einheitlichen Ordnung unterworfen zu sein scheinen. Somit entsteht in der Ganzheit ein Theatertext, in welchem die literarische Verarbeitung der Geschehnisse des Massakers von Rechnitz im März 1945 offenbar aus verschiedensten Blickwinkeln erwirkt werden sollte.
In der vorliegenden Bachelorarbeit soll versucht werden, durch die Analyse der verwendeten Sprecherinstanzen und Perspektivenwechsel zu belegen, dass dieses Vorgehen von Jelinek als Mittel dekonstruktiver Berichterstattung verwendet wurde, mithilfe welcher die Autorin Kritik an einer subjektiven Geschichtsschreibung üben möchte. Hierzu erfolgt eine zentrierte Konzentration auf die Instanzen „Täterschaft“, „sekundäre Zeugenschaft“, „Medien und Berichterstattung“ sowie „abwesende Opferstimmen“. Diese werden in den Kontext der dekonstruktiven Berichterstattung gestellt und es soll aufgezeigt werden, dass mit deren Verwendung (I) die Divergenz moralischer Instanzen aufgezeigt, (II) Kritik am Anspruch „wahre Geschichtsschreibung“ geübt sowie (III) die Zerstörung einer linearen Zeitauffassung erwirkt werden soll.
12.5.2017