Angelika Rosa Peaston: Jennie Wrights und meine Übersetzungsarbeit zu Elfriede Jelineks „Bambiland“

Jennie Wrights und meine Übersetzungsarbeit zu Elfriede Jelineks „Bambiland“ 2002 hatte ich auf Bitte Konstantin Kaisers hin einen kürzeren (und sprachlich noch viel dichteren) Text, Jelineks Vorwort zu den „Flüchtlingskindern“, einer Autobiografie ihrer leider knapp vor Erscheinen des Buches durch die Theodor-Kramer-Gesellschaft in Amerika verstorbenen jüdischen Tante Claire Felsenburg, ins Englische übertragen. Als ein gutes Jahr später mein morgendlicher Blick auf ein Foto Jelineks auf der Titelseite des „Standard“ fiel, verbunden mit den Zeilen, sie habe, sinngemäß, ein Kriegsdrama über den Irak geschrieben, verspürte ich spontan den starken Wunsch, daß es diesen Text, zumal ja die Sprache der Hauptkriegstreiber, unbedingt auf Englisch geben müsse! Weiterlesen

Christine Gaigg: Bis man sich „fast anspeibt“ (Gespräch)

Auszüge aus einem Gespräch, das Judith Helmer und Martina Ruhsam mit Christine Gaigg führten: über ihre Arbeitsweise, Elfriede Jelinek und den Körper als Symbol.

Warum ich die Einladung zu inszenieren angenommen habe? Weil Über Tiere ein beeindruckender Text ist. Wie Elfriede Jelinek einen Sprachfluss und geradezu Sog durch differente Wiederholungen generiert, da sehe ich eine Affinität zu meiner Technik, Bewegungsmodule mit geringen Veränderungen so aneinanderzureihen, dass ein gleichzeitig hypnotischer und analytischer Effekt eintritt. Insofern sehe ich in diesem Projekt eine Kontinuität meiner Arbeit der letzten Jahre. Weiterlesen

Piari Nazmun Nesa: „Die Klavierspielerin“ in bengalischer Sprache

Im Herbst 2004 habe ich auf der Frankfurter Buchmesse ein großes Photo von Elfriede Jelinek gesehen mit der Bekanntgabe, daß sie den Literaturnobelpreis erhalten hat. Mir fiel auf, daß sie bei ihrer Schminke und ihrem Stil der Frisur sehr bewußt versucht, eine Harmonie in ihrer Ausstrahlung zu erreichen. Im Kontrast dazu scheut sie die Öffentlichkeit oder das Zusammensein in größeren Gruppen. Ich wurde neugierig auf sie und begann über sie und ihr Werk zu recherchieren. Mir wurde bewußt, daß diese Schriftstellerin an ihrem Haus in Wien kein Namensschild hat. Weiterlesen

Violanta de Raulino: Ikarus (Statement zur Produktion)

E. Jelineks Text Ikarus. Ein höheres Wesen vergegenwärtigt uns die Zwiespältigkeit und auch die Widersprüchlichkeit, in die der Mensch als ein Wesen gestellt ist, das zwar die Möglichkeit besitzt an der metaphysischen Welt teil zu haben, aber die Fesseln der physischen Gebundenheit nicht abstreifen kann. An diesem Moment kommt die Technik ins Spiel, die – um mit Peter Sloterdijk zu sprechen – da beginnt, wo der Mensch begonnen hat das Wünschen zu lernen. Ich denke, am Thema Fliegen kann man diesen Problemkreis, in dem sich der Mensch schon seit Urzeiten bewegt, am deutlichsten festmachen. Weiterlesen

Claudia Baricco: Elfriede Jelinek lesen

Als ich Elfriede Jelineks Texte Bambiland und Babel zu übersetzen anfing, stellte sich bei mir folgende Frage: „Haben die Nobelpreisjuroren ihre Texte wirklich gelesen?“ Ich war von einer Antwort fest überzeugt und die lautete: höchstwahrscheinlich nicht; jedenfalls sicherlich nicht viele. Um Jelinek einen Nobelpreis zu verleihen, ist es unumgänglich, ihre Texte in der Originalfassung zu lesen. – Erst vor ein paar Tagen habe ich erfahren, dass der alte Nobelpreisjuror Knut Ahnlund eingestanden hat, dass er, als Jelinek den Preis bekam, noch keine Zeile von ihr gelesen hatte. „Wer hat Jelinek gelesen?“, fragte ich mich damals. Ich selber jedenfalls nicht, obwohl ich schon einige Jahre davor im Rahmen meiner Tätigkeit als Filmuntertitelschreiberin einen Dokumentarfilm über die Autorin übersetzt hatte und dann voller Begeisterung ein paar Zeitungsartikel über ihr Werk und Denken geschrieben hatte. Diese erweckten übrigens sehr großes Interesse in Buenos Aires. Weiterlesen

Michael Schmidt: Und die Tradition

Tagungsbericht

Unter diesem ganz offensichtlich der Goethe-Philologie geschuldeten Titel trafen sich vom 1.-3. Juni 2006 in der kleinen nordnorwegischen Universitätsstadt Tromsø etwa zwanzig jüngere, bislang zumeist noch wenig etablierte Forscherinnen und Forscher aus den USA, Belgien, Deutschland, Österreich, Ungarn, Polen, Litauen und Norwegen, um das Werk Elfriede Jelineks zu diskutieren. Arrangiert und durchgeführt wurde die Konferenz von der Tromsøer Literaturwissenschaftlerin Cathrine Theodorsen, deren Leopold von Andrian und dem Wiener Dilettantismus um 1900 gewidmete Dissertation soeben erscheint. Weiterlesen

Slavo Šerc: Die Liebhaberinnen und Lust auf Slowenisch

Meine erste übersetzerische Beschäftigung mit Elfriede Jelinek datiert aus dem Jahr 1994. Damals habe ich für die slowenische Literaturzeitschrift „Literatura“, Heft 42, einen Auszug aus dem Roman Die Liebhaberinnen übersetzt. Ich habe damals, nachdem ich an der Universität Ljubljana die Slowenische Sprache und Literatur und Vergleichende Literaturgeschichte studiert hatte und dann als Lektor für die Slowenische Sprache in Regensburg und München tätig war, vor allem Essays und Rezensionen über die deutsche Literatur geschrieben und nur sporadisch einige Autoren für Zeitungen und Literaturzeitschriften übersetzt. Weiterlesen

Evelyn Annuß: Elfriede Jelinek – Theater des Nachlebens (Buchvorstellung)

AnnußWer spricht? In dieser Frage gründet die politische Sprengkraft von Elfriede Jelineks Zitierpraxis. An der Schnittstelle zwischen Rhetorik und Theaterwissenschaft analysiert Evelyn Annuß exemplarisch, wie Jelineks Stücke durch die darin erprobte Form der Rede die Aufführungsbedingungen stellvertretenden Sprechens reflektieren und hierzu die theatrale Situation in Anspruch nehmen: Als Krisenexperimente personaler Referenz zeugen sie vom Mechanismus einer Theatralik des Persönlichen, die die Lesbarkeit von Politik und Geschichte nahe legt und zugleich verstellt. Von diesem Befund aus eröffnet Theater des Nachlebens den Ausblick auf ein potenzielles ‚Theater der Zukunft‘, das sich im Streit über die Voraussetzungen gegenwärtiger Politik konstituiert. Weiterlesen